Veröffentlicht am Mai 17, 2024

Der wahre Wert einer Investment-Uhr liegt nicht im Material, sondern in künstlicher Knappheit und nachweisbarer Herkunft.

  • Die gezielte Verknappung von Stahl-Sportmodellen durch Top-Marken wie Rolex schafft eine extreme Nachfrage, die die Preise auf dem Zweitmarkt weit über die von Goldmodellen treibt.
  • Ein lückenloses „Full Set“ (Box & Papiere) ist kein Bonus, sondern eine unverzichtbare Versicherung, die den Wert um bis zu 30% steigern kann, da sie die Provenienz beweist und vor Fälschungen schützt.

Empfehlung: Denken Sie nicht wie ein Käufer, sondern wie ein Portfoliomanager. Analysieren Sie die Marktdynamik und die Strategien der Manufakturen, bevor Sie in ein bestimmtes Modell investieren.

Die Welt der Luxusuhren scheint oft paradox. Ein Einsteiger, der seine erste Uhr als Investment betrachtet, stellt schnell fest, dass eine schlichte Sportuhr aus Edelstahl auf dem Markt mehr kosten kann als eine elegante Dresswatch aus massivem Gold. Diese verkehrte Welt ist der erste Hinweis darauf, dass die üblichen Bewertungsmaßstäbe hier nicht gelten. Der Gedanke, eine Sammlung aufzubauen, die nicht nur Freude bereitet, sondern auch an Wert gewinnt, ist verlockend, doch der Weg dorthin ist gepflastert mit Mythen und Halbwissen.

Viele Ratgeber wiederholen die gleichen Ratschläge: Kaufen Sie bekannte Marken, achten Sie auf den Zustand und bewahren Sie die Originalverpackung auf. Diese Punkte sind zwar nicht falsch, kratzen aber nur an der Oberfläche. Sie erklären nicht, warum der Markt so funktioniert, wie er funktioniert. Sie enthüllen nicht die unsichtbaren Kräfte, die den Wert einer Uhr wirklich bestimmen. Der Aufbau einer wertstabilen Sammlung ist kein Glücksspiel, sondern erfordert das Verständnis der strategischen Disziplinen, die den Uhrenmarkt regieren.

Doch was, wenn der wahre Wert nicht im Material, sondern in den ungeschriebenen Gesetzen des Marktes liegt? Was, wenn die entscheidenden Faktoren die gezielte Knappheitspolitik der Manufakturen und die Psychologie des Sekundärmarktes sind? Dieser Leitfaden durchbricht die Fassade und agiert als Ihr persönlicher Uhren-Broker. Wir analysieren die Marktdynamik, die hinter den Preisschildern steckt, und geben Ihnen die Werkzeuge an die Hand, um Uhren nicht nur als Schmuckstück, sondern als strategische Asset-Klasse zu verstehen.

Wir werden untersuchen, welche fundamentalen Merkmale einen Zeitmesser krisensicher machen, welche Strategie im Spannungsfeld von Warteliste und Graumarkt die klügere ist und warum der Aufbau einer guten Beziehung zum Händler wertvoller sein kann als ein schneller Gewinn. Bereiten Sie sich darauf vor, die Denkweise eines echten Sammlers und Investors zu adaptieren.

Warum eine Stahl-Sportuhr teurer sein kann als eine goldene Dresswatch?

Die Antwort liegt in einem fundamentalen Prinzip der Luxusgüter-Ökonomie: Der Wert wird nicht durch die Materialkosten, sondern durch die Nachfrage und die künstlich gesteuerte Verknappung bestimmt. Manufakturen wie Rolex produzieren ihre begehrtesten Stahl-Sportmodelle – etwa die Submariner, GMT-Master II oder Daytona – in Stückzahlen, die weit unter der globalen Nachfrage liegen. Diese strategische Knappheitspolitik verwandelt eine Uhr von einem Konsumgut in ein begehrtes Spekulationsobjekt.

Während eine goldene Dresswatch materiell wertvoller ist, signalisiert sie oft eine geringere Nachfrage im Vergleich zu den robusten, alltagstauglichen Stahl-Ikonen. Der offizielle Listenpreis wird zur theoretischen Größe. Der wahre Marktwert bildet sich auf dem Sekundärmarkt, wo Käufer bereit sind, erhebliche Aufschläge zu zahlen, um jahrelange Wartezeiten zu umgehen. Preiserhöhungen der Hersteller heizen diese Dynamik weiter an. So kostete die Stahl-Daytona 126500LN laut Listenpreis 2025 nun 15.900 Euro, eine moderate Erhöhung, die den Abstand zum viel höheren Marktpreis nur vergrößert und die Begehrlichkeit weiter steigert.

Nahaufnahme einer Stahl-Sportuhr neben einer goldenen Dresswatch auf dunklem Hintergrund

Wie dieser visuelle Kontrast zeigt, geht es nicht um den Glanz des Materials, sondern um die Aura der Exklusivität. Die stählernen Modelle wurden in der Vergangenheit oft mit überdurchschnittlichen Preiserhöhungen bedacht, was ihre Position als Top-Investment weiter festigte. Für einen strategischen Sammler bedeutet das: Die Analyse der Produktionspolitik und der Nachfragetrends ist entscheidender als die reine Betrachtung von Karat oder Gewicht. Der Kauf einer Stahl-Sportuhr zum Listenpreis ist somit weniger ein Kauf als vielmehr die Zuteilung eines knappen Gutes mit sofortigem Wertsteigerungspotenzial.

Welche 3 Merkmale machen eine Uhr zum krisensicheren Klassiker?

In turbulenten Zeiten suchen Investoren nach Stabilität. Bei Uhren manifestiert sich diese Sicherheit in einer Handvoll unumstößlicher Merkmale, die einen Zeitmesser von einem modischen Accessoire zu einem krisensicheren Wertspeicher erheben. Wie Branchenkenner bestätigen, ist die Konzentration auf die richtigen Marken der erste Schritt. So heißt es bei OEKE Juweliere: „Die wertstabilsten und wertsteigernden Uhren kommen gewöhnlich aus dem Hause Rolex, Patek Philippe oder Audemars Piguet.“ Diese Aussage ist keine bloße Meinung, sondern spiegelt die harte Realität des Sekundärmarktes wider.

Eine beeindruckende Zahl untermauert diese Dominanz: Laut Marktanalysen entfallen rund 64 % des gesamten Sekundärmarktes auf nur diese drei Marken. Für einen angehenden Sammler ist die Botschaft klar: Das Abweichen von diesem Triumvirat stellt ein signifikantes Risiko dar. Doch die Marke allein genügt nicht. Drei Kernmerkmale definieren einen wirklich krisenfesten Klassiker:

  • Ikonenstatus und Markengeschichte: Modelle wie die Rolex Submariner, die Omega Speedmaster oder die Patek Philippe Nautilus sind keine Eintagsfliegen. Sie besitzen eine jahrzehntelange, oft legendäre Geschichte und ein Design, das über Generationen hinweg wiedererkennbar bleibt. Diese Kontinuität schafft ein tiefes Vertrauen und eine beständige Nachfrage, die kurzfristige Trends überdauert.
  • Lückenlose Provenienz: Ein „Full Set“ – also die originale Box, die Garantiekarte mit gestempelter Seriennummer und Kaufdatum, Anleitungen und idealerweise die Erstkaufrechnung – ist die Geburtsurkunde der Uhr. Es beweist die Echtheit und die lückenlose Historie (Provenienz). Ohne diese Dokumente handelt es sich im Grunde um eine anonyme Uhr mit zweifelhafter Herkunft, was den Wert drastisch mindert.
  • Manufaktur-Expertise: Echte Wertanlagen stammen von „echten“ Uhrenmarken, also Manufakturen, die ihre Uhrwerke (Kaliber) selbst entwickeln und fertigen. Marken wie Rolex, Patek Philippe oder auch Jaeger-LeCoultre stehen für uhrmacherische Substanz. Im Gegensatz dazu verwenden Modeuhren oft generische Standardwerke und besitzen keine langfristige Wertperspektive.

Diese drei Säulen – Markenprestige, nachweisbare Herkunft und uhrmacherische Tiefe – bilden das Fundament jeder soliden Uhren-Wertanlage. Sie sind die rationalen Kriterien, die Emotionen und kurzfristige Hypes in den Hintergrund treten lassen und einer Sammlung wahre Stabilität verleihen.

Warteliste abwarten oder Aufpreis zahlen: Was ist strategisch klüger?

Für begehrte Modelle stehen Sammler vor einer strategischen Zerreißprobe: Geduldig jahrelang auf der Warteliste eines offiziellen Konzessionärs verharren oder sofort auf dem Graumarkt zuschlagen und einen erheblichen Aufpreis in Kauf nehmen? Beide Wege haben gravierende finanzielle und strategische Implikationen, die weit über den reinen Kauf hinausgehen. Es ist die Wahl zwischen dem Aufbau von langfristigem Kapital – in Form einer Händlerbeziehung – und der sofortigen Befriedigung eines Wunsches mit entsprechenden Kosten.

Elegante Uhrenboutique Innenansicht mit Vitrinen im Hintergrund

Die Entscheidung hängt von Ihren Zielen, Ihrem Budget und Ihrer Risikobereitschaft ab. Der Kauf beim Konzessionär ist der Königsweg zur maximalen Rendite, erfordert aber Geduld und den Aufbau einer Kaufhistorie. Der Graumarkt bietet sofortige Verfügbarkeit, birgt aber höhere Kosten und Risiken bezüglich der Authentizität. Eine vergleichende Analyse der Strategien zeigt die Vor- und Nachteile deutlich auf.

Warteliste beim Konzessionär vs. Graumarkt-Kauf mit Aufpreis
Strategie Vorteile Nachteile ROI-Potenzial
Warteliste beim Konzessionär Listenpreis ohne Aufschlag
Volle Herstellergarantie
Steuerfreier Gewinn nach 1 Jahr (§23 EStG)
Wartezeit ungewiss
Beziehungsaufbau nötig
Kaufhistorie erforderlich
Hoch bei gefragten Modellen
Graumarkt mit Aufpreis Sofortige Verfügbarkeit
Große Auswahl
Keine Bindung an Händler
20-50% Aufpreis
Steuer bei schnellem Verkauf
Authentizität prüfen nötig
Mittel bis niedrig

Strategisch betrachtet ist die Warteliste die überlegene Investment-Methode, sofern man Zugang erhält. Der Kauf zum Listenpreis realisiert einen sofortigen, wenngleich buchhalterischen Gewinn, da der Marktwert der Uhr bereits deutlich höher liegt. Der Graumarkt-Kauf hingegen ist eher eine Konsumentscheidung. Der Aufpreis schmälert die potenzielle Rendite erheblich. Für den reinen Investor ist der Graumarkt nur dann sinnvoll, wenn er davon ausgeht, dass die zukünftige Wertsteigerung den bereits gezahlten Aufpreis überkompensieren wird – eine risikoreiche Wette.

Warum schnelles Kaufen und Verkaufen Sie auf die schwarze Liste der Händler bringt?

Die Versuchung ist groß: Sie erhalten nach langer Wartezeit eine begehrte Stahlsportuhr vom Konzessionär zum Listenpreis und könnten sie am nächsten Tag auf dem Graumarkt mit 50 % oder mehr Gewinn sofort wieder verkaufen. Dieser Vorgang, bekannt als „Flipping“, ist aus reiner Anlegerperspektive logisch, aber im Ökosystem der Luxusuhren strategischer Selbstmord. Offizielle Händler – die Konzessionäre – betrachten dies als einen massiven Vertrauensbruch.

Konzessionäre stehen unter dem Druck der Manufakturen, die Uhren an echte Enthusiasten und Sammler zu verkaufen, nicht an Spekulanten. Ihr Ziel ist der Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Ein Kunde, der eine Uhr sofort weiterverkauft, signalisiert, dass er kein Interesse an der Marke oder am Aufbau einer Sammlung hat, sondern nur am schnellen Profit. Da die Händler die Seriennummern der verkauften Uhren protokollieren, tauchen „geflippte“ Uhren sehr schnell wieder auf dem Markt auf und können zum ursprünglichen Verkäufer zurückverfolgt werden.

Die Konsequenz ist unweigerlich und endgültig: Der Kunde landet auf einer informellen, aber sehr realen schwarzen Liste. Er wird für zukünftige Zuteilungen begehrter Modelle nicht mehr berücksichtigt. Dies gilt nicht nur für den betreffenden Juwelier, sondern oft auch für andere Händler derselben Kette oder Gruppe. Man verbaut sich damit den Zugang zum wertvollsten Gut im Uhren-Investment: dem Kauf zum Listenpreis. Der Aufbau einer soliden Kaufhistorie, bei der man Uhren nachweislich über längere Zeit behält und vielleicht auch weniger gefragte Modelle oder Schmuck kauft, ist ein Investment in die eigene Reputation als Sammler. Diese Reputation ist der Schlüssel, um überhaupt für die wirklich wertsteigernden Stücke in Betracht gezogen zu werden.

Ein schneller Gewinn heute wird also mit dem Verlust unzähliger zukünftiger Chancen bezahlt. Ein strategischer Sammler versteht, dass seine Beziehung zum Konzessionär ein wertvolles Asset ist, das gepflegt werden muss. Geduld ist hier nicht nur eine Tugend, sondern eine knallharte wirtschaftliche Notwendigkeit.

Warum das „Full Set“ (Box & Papiere) den Wert Ihrer Uhr um 30% steigern kann?

Die Behauptung, dass die Originalverpackung und die Papiere den Wert einer Uhr um bis zu 30 % steigern können, klingt für Außenstehende oft übertrieben. Es handelt sich schließlich nur um Karton und bedrucktes Papier. Doch in der Welt der Luxusuhren-Investments ist das „Full Set“ weit mehr als nur Zubehör. Es ist das entscheidende Element, das die Provenienz (Herkunft) und Authentizität einer Uhr zweifelsfrei belegt und somit das Investitionsrisiko für den nächsten Käufer minimiert.

Stellen Sie sich zwei identische Rolex Submariner vor. Eine wird „nackt“ angeboten, nur die Uhr selbst. Die andere kommt mit der originalen Box, der Garantiekarte (auf der die Seriennummer der Uhr, der Name des Konzessionärs und das Verkaufsdatum vermerkt sind), der Bedienungsanleitung und vielleicht sogar der Erstkaufrechnung. Die „nackte“ Uhr wirft sofort Fragen auf: Ist sie echt? Wurde sie gestohlen? Aus welchen Teilen wurde sie zusammengesetzt? Es gibt keine verlässliche Geschichte zu dieser Uhr.

Das Full Set hingegen erzählt eine lückenlose Geschichte. Die auf der Garantiekarte vermerkte Seriennummer muss mit der Gravur auf der Uhr übereinstimmen. Dies ist der ultimative Beweis dafür, dass es sich um ein authentisches, von der Manufaktur ausgeliefertes Exemplar handelt. In einem Markt, der zunehmend von hochwertigen Fälschungen („Super-Fakes“) unterwandert wird, ist diese Sicherheit bares Geld wert. Der Preisaufschlag von 20-30 % ist also keine Prämie für den Karton, sondern eine Versicherungsprämie gegen Betrug und Wertverlust. Ein Investor kauft mit dem Full Set nicht nur eine Uhr, sondern auch Gewissheit und die problemlose Wiederverkäuflichkeit. Eine Uhr ohne Papiere wird von seriösen Händlern und Sammlern oft gar nicht erst in Betracht gezogen oder nur mit einem massiven Risikoabschlag gekauft.

Für einen strategischen Sammler gibt es daher keine zwei Meinungen: Der Kauf einer Uhr ohne lückenloses Full Set ist keine Option. Es ist, als würde man ein Auto ohne Fahrzeugpapiere kaufen. Man mag das Fahrzeug besitzen, aber sein Wert und seine Legitimität sind massiv eingeschränkt.

Warum signierte Stücke von Cartier oder Van Cleef ihren Wert besser halten als No-Name-Juwelen?

Dieses Prinzip aus der Juwelenwelt lässt sich 1:1 auf Uhren übertragen und erklärt, warum der Name auf dem Zifferblatt oft wichtiger ist als das, was im Gehäuse tickt. Eine „signierte“ Uhr von einer etablierten Luxusmarke wie Cartier, Rolex oder Patek Philippe ist nicht nur ein Zeitmesser, sie ist ein Träger von Markenkapital (Brand Equity). Dieses Kapital wurde über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte durch Qualität, Design-Ikonen, Marketing und die Pflege einer exklusiven Aura aufgebaut.

Vergleichen wir eine Patek Philippe Calatrava mit einer Uhr einer kleineren, unabhängigen Marke, die ein technisch ebenbürtiges oder sogar identisches Uhrwerk von einem Zulieferer verwendet. Rein funktional mögen beide Uhren exzellent sein. Doch die Patek Philippe wird ihren Wert nicht nur halten, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit steigern, während die No-Name-Uhr mit dem Verlassen des Geschäfts bereits einen Großteil ihres Wertes verliert. Der Grund ist die Signatur. Der Name „Patek Philippe“ ist ein weltweit verstandenes Synonym für höchste Qualität, Exklusivität und Status. Er fungiert als Multiplikator für den wahrgenommenen Wert.

Marken wie Cartier sind hier ein perfektes Beispiel. Sie haben es geschafft, ihre immense Reputation aus dem Schmuckbereich auf ihre Uhrenkollektionen zu übertragen. Eine Cartier Tank oder Santos ist nicht nur eine Uhr, sie ist ein Designklassiker und ein Stück Kulturgeschichte. Der Käufer erwirbt nicht nur die Funktion, die Zeit anzuzeigen, sondern auch die Teilhabe an diesem Mythos. Dieses immaterielle Gut ist extrem widerstandsfähig gegenüber Marktschwankungen. Ein No-Name-Produkt, egal wie gut es handwerklich gemacht ist, kann diese Sicherheit nicht bieten. Sein Wert basiert rein auf Material und Funktion und ist damit austauschbar und anfällig für Wertverlust.

Für einen strategischen Sammler bedeutet dies, dass die Investition in etablierte Signaturen eine Form der Risikominimierung ist. Die Stärke der Marke ist der verlässlichste Indikator für langfristigen Werterhalt und -zuwachs.

Ikonische Zeitmesser als Wertanlage: Welche „Moonwatch“ oder „Submariner“ Referenz ist die richtige?

Die Entscheidung für ein ikonisches Modell wie die Omega Speedmaster „Moonwatch“ oder die Rolex Submariner ist der richtige erste Schritt. Doch innerhalb dieser Modellfamilien existiert ein Universum an Referenznummern, die über Jahrzehnte produziert wurden und teils drastische Wertunterschiede aufweisen. Die Frage nach der „richtigen“ Referenz ist die Frage nach dem Sweet Spot zwischen Vintage-Charme, moderner Robustheit und Wertsteigerungspotenzial. Ein Broker rät hier nicht zu einer spezifischen Nummer, sondern lehrt, die Logik hinter den Referenzen zu verstehen.

Bei der Rolex Submariner ist eine der wichtigsten Unterscheidungen die zwischen den 5-stelligen (z.B. 16610) und den 6-stelligen Referenzen (z.B. 116610 oder 126610). Die 5-stelligen Modelle repräsentieren den Übergang zum „Neo-Vintage“: Sie haben bereits Saphirglas, aber noch die schlankeren Gehäuseproportionen und Aluminium-Lünetten. Sie bieten einen Hauch von Vintage-Feeling bei guter Alltagstauglichkeit. Die 6-stelligen Referenzen führen das „Maxi-Case“ mit breiteren Bandanstößen, die kratzfeste Keramik-Lünette („Cerachrom“) und verbesserte Schließen ein. Sie sind technisch überlegen und robuster, fühlen sich aber für manche Puristen zu massiv an. Aktuell erleben die letzten 5-stelligen Referenzen eine hohe Nachfrage, da sie als „die letzten echten Tool-Watches“ gelten, bevor Rolex den Fokus stärker auf Luxus legte.

Bei der Omega Speedmaster Professional ist die Komplexität noch größer. Die wichtigste Unterscheidung liegt oft im Uhrwerk und im Glas. Puristen und Investoren suchen oft nach älteren Modellen mit Hesalitglas (Plexiglas), da dies dem Original entspricht, das auf dem Mond war. Zudem ist das Uhrwerk entscheidend: Referenzen mit dem legendären Kaliber 321, dem Original-Werk der Mondmission, erzielen astronomische Preise. Die späteren Werke wie 861 und 1861 sind ebenfalls exzellent, aber weniger selten. Die neueste Generation hat das Kaliber 3861 mit Co-Axial Hemmung und Master-Chronometer-Zertifizierung eingeführt – technisch die beste, aber eben auch die am weitesten vom Original entfernte Version.

Die „richtige“ Referenz gibt es also nicht. Der Investor muss entscheiden: Setzt er auf den Charme und das Seltenheitspotenzial einer Neo-Vintage-Referenz oder auf die technische Perfektion und Sorgenfreiheit eines modernen Modells? Die höchsten Renditen liegen oft in den „Transitional“-Referenzen – jenen, die nur für kurze Zeit produziert wurden und besondere Merkmale aufweisen.

Die Detail-Recherche ist hier entscheidend. Das tiefere Eintauchen in die spezifischen Merkmale der einzelnen Referenzen trennt den Amateur vom erfolgreichen Investor.

Das Wichtigste in Kürze

  • Werttreiber Nr. 1 ist nicht das Material, sondern die von der Manufaktur gesteuerte Knappheit, die eine extreme Nachfrage auf dem Zweitmarkt erzeugt.
  • Ein lückenloses „Full Set“ mit Box und Papieren ist keine Option, sondern eine absolute Notwendigkeit. Es ist die Versicherung Ihrer Investition und kann den Wiederverkaufswert um bis zu 30% steigern.
  • „Flipping“ für schnellen Gewinn zerstört die Beziehung zum Konzessionär und verbaut den Zugang zu zukünftigen, wertvollen Uhren zum Listenpreis. Langfristige Reputation ist wertvoller als kurzfristiger Profit.

Gebrauchte Luxusuhren kaufen: Wie erkennen Sie Fälschungen ohne Zertifikat?

Der Kauf einer gebrauchten Uhr ohne Papiere von einer Privatperson oder einem nicht verifizierten Händler ist das riskanteste Manöver im Uhren-Investment. Der Markt ist überschwemmt mit Fälschungen, die so gut gemacht sind („Super-Fakes“), dass selbst erfahrene Sammler auf den ersten Blick getäuscht werden können. Während die einzige hundertprozentige Sicherheit die Prüfung durch einen zertifizierten Uhrmacher ist, gibt es eine Reihe von Prüfpunkten, die Sie als erste Verteidigungslinie selbst durchführen können.

Diese physische Inspektion erfordert Geduld, eine gute Lupe (10x Vergrößerung) und ein geschultes Auge für Details, in denen sich Fälschungen oft verraten. Es geht darum, die Perfektion, für die Schweizer Manufakturen bekannt sind, mit der Realität der vorliegenden Uhr abzugleichen. Fehler in der Verarbeitung, die bei einem Massenprodukt verzeihlich wären, sind bei einer Luxusuhr ein klares Alarmsignal. Die folgende Checkliste dient als Leitfaden für eine systematische Erstprüfung.

Ihr Audit-Plan: Fälschungen vor dem Kauf erkennen

  1. Zifferblatt und Zeiger prüfen: Untersuchen Sie unter der Lupe die Schriftzüge, Indizes und Zeiger. Bei Originalen sind die Kanten der aufgesetzten Indizes und Zeiger gestochen scharf und perfekt poliert. Die Schrift ist absolut sauber gedruckt, ohne „Auslaufen“ der Farbe. Fälschungen haben oft leicht unsaubere Kanten oder eine minderwertige Leuchtmasse.
  2. Datumslupe (Zyklop) analysieren: Bei Rolex-Modellen ist dies ein Schlüsselmerkmal. Die Vergrößerung muss exakt 2,5-fach sein und das Datum perfekt zentriert und formatfüllend erscheinen. Fälschungen haben oft eine geringere Vergrößerung und die Ziffern sind nicht perfekt in der Typografie des Originals.
  3. Gravuren und Seriennummer kontrollieren: Die Gravuren (z.B. zwischen den Bandanstößen bei älteren Rolex-Modellen oder auf dem Innenring bei neueren) müssen tief, präzise und sauber sein, fast wie mit einem Diamanten geschnitten. Fälschungen weisen oft flache, sandgestrahlte oder „säuerlich“ geätzte Gravuren auf.
  4. Haptik, Gewicht und Verarbeitung fühlen: Eine echte Luxusuhr fühlt sich massiv und wertig an. Das Armband darf nicht klappern, die Kanten müssen sauber entgratet sein, aber nicht scharfkantig. Die Krone sollte sich sanft und präzise verschrauben und aufziehen lassen. Ein zu leichtes Gewicht oder eine hakelige Bedienung sind Warnsignale.
  5. Uhrwerk-Funktion testen: Auch ohne das Gehäuse zu öffnen, können Sie Indizien sammeln. Stellen Sie die Zeit ein: Der Sekundenzeiger muss bei gezogener Krone stoppen (Sekundenstopp). Der Lauf des Sekundenzeigers bei Automatikuhren muss fließend und gleichmäßig sein (typischerweise 8 Schritte pro Sekunde bei modernen Werken), nicht ruckartig wie bei einer Quarzuhr.

Bestehen bei auch nur einem dieser Punkte Zweifel, lautet die Regel: Finger weg. Das Risiko eines Totalverlusts ist zu hoch. Der Kauf ohne Papiere sollte ausschließlich bei absolut vertrauenswürdigen, etablierten Gebrauchthändlern erfolgen, die eine Echtheitsgarantie und ein Rückgaberecht bieten.

Die Fähigkeit zur kritischen Prüfung ist eine Kernkompetenz. Um Ihre Investition zu schützen, ist es unerlässlich, diese Prüfschritte zu beherrschen und im Zweifel immer professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Aufbau einer wertvollen Uhrensammlung ist ein Marathon, kein Sprint. Indem Sie lernen, den Markt analytisch zu betrachten, die ungeschriebenen Regeln zu respektieren und jede Akquisition strategisch zu prüfen, legen Sie den Grundstein für ein ebenso faszinierendes wie profitables Investment. Beginnen Sie jetzt damit, Ihre erste strategische Akquisition vorzubereiten.

Geschrieben von Maximilian Draxler, Uhren-Experte und Berater für Uhren-Investments mit 15 Jahren Erfahrung im internationalen Auktionswesen. Spezialist für Vintage-Chronographen und unabhängige Manufakturen.