Veröffentlicht am März 12, 2024

Entgegen der Annahme, dass mehr Pflege immer besser ist, liegt die wahre Rettung für kaputtes Haar in der gezielten Diagnose statt in wahllosen Produktkäufen.

  • Die meisten „Repair“-Produkte kaschieren nur, während echte Reparatur auf molekularer Ebene (Disulfidbrücken, Keratinketten) stattfinden muss.
  • Ein einfacher Dehn-Test an einem nassen Haar verrät sofort, ob es Feuchtigkeit oder Protein benötigt – die beiden häufigsten, aber gegensätzlichen Bedürfnisse.

Empfehlung: Führen Sie den Dehn-Test durch, bevor Sie ein neues „Repair“-Produkt kaufen. Das Ergebnis bestimmt die notwendige Wirkstoff-Strategie und verhindert teure Fehlkäufe und weitere Schäden.

Das Badezimmerregal ist voll, das Bankkonto leer und trotzdem bricht das Haar beim bloßen Anblick einer Bürste. Blondierungen, Hitzestyling oder einfach nur die Zeit haben ihre Spuren hinterlassen, und die Verzweiflung wächst mit jedem abgebrochenen Zentimeter. Die Industrie verspricht schnelle Wunderheilung mit unzähligen „Repair“-Shampoos, „Miracle“-Ölen und Masken, die eine komplette Restrukturierung in nur drei Minuten versprechen. Viele Frauen mit stark geschädigtem Haar haben diesen Marathon bereits hinter sich und stellen ernüchtert fest: Trotz teurer Investitionen bleibt das Haar strohig, die Spitzen spalten sich weiter und die Elastizität ist ein ferner Traum.

Doch was, wenn das Problem nicht die Menge der Pflege ist, sondern die falsche Art? Was, wenn Ihr Haar gar nicht mehr Feuchtigkeit braucht, sondern dringend Struktur? Oder umgekehrt? Die Wahrheit ist, dass geschädigtes Haar ein präzises Diagnoseinstrument erfordert, keine weitere Schicht Silikon. Dieser Artikel agiert wie ein kritischer Produkttester und Diagnostiker. Wir gehen den Marketing-Versprechen auf den Grund und geben Ihnen wissenschaftliche Werkzeuge an die Hand, um zu verstehen, was Ihrem Haar wirklich fehlt. Denn erst wenn Sie die Ursache kennen – sei es ein Mangel an Proteinen, ein Übermaß an Feuchtigkeit oder gebrochene molekulare Bindungen –, können Sie es mit der richtigen Strategie gezielt und nachhaltig reparieren.

In diesem umfassenden Guide analysieren wir die Wirkmechanismen hinter den populärsten Repair-Technologien, geben Ihnen praxisnahe Tests für zu Hause an die Hand und decken die häufigsten Pflegefehler auf. Machen Sie sich bereit, die Kontrolle über Ihre Haargesundheit zurückzugewinnen.

Reparieren diese Produkte wirklich Disulfidbrücken oder ist es nur Marketing?

Der Begriff „Repair“ ist auf fast jedem zweiten Haarpflegeprodukt zu finden, doch nur wenige Technologien greifen tatsächlich in die innere Struktur des Haares ein. Echte Schäden durch Blondierung oder Hitze entstehen durch gebrochene Disulfidbrücken – die molekularen Verbindungen, die dem Haar seine Stärke und Form geben. Produkte wie Olaplex haben diesen Bereich revolutioniert, indem sie Wirkstoffe einsetzen, die diese Brücken gezielt wiederherstellen können. Auch wenn laut Stiftung Warentest das Olaplex No. 4 Shampoo die Note 2,1 (Gut) erhielt, ist eine realistische Erwartungshaltung entscheidend. Wie Professor Thomas Gassenmeier von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe klarstellt: „Ein Shampoo kann geschädigte Haare nicht in einen Zustand wie neugewachsen bringen.“ Es geht um Schadensbegrenzung und Wiederaufbau, nicht um eine magische Wiedergeburt.

Neuere Technologien wie K18 gehen sogar einen Schritt weiter und reparieren nicht nur die Disulfidbrücken, sondern auch die unterbrochenen Polypeptidketten (Keratinketten). Der Unterschied liegt in der Tiefe der Reparatur und der Anwendung. Während Olaplex als mehrstufiges System mit Ausspülen konzipiert ist, wirkt K18 als Leave-in-Produkt in nur vier Minuten. Die Wahl hängt vom Grad der Schädigung und dem Budget ab, da die Technologien preislich stark variieren.

Die folgende Tabelle, basierend auf einer detaillierten Analyse der Wirkungsweisen, zeigt die Hauptunterschiede auf:

Vergleich der Wirkungsweise von K18 und Olaplex
Merkmal K18 Olaplex
Wirkstoff K18 Peptide™ Bis-Aminopropyl Diglycol Dimaleate
Reparaturbereich Keratinketten UND Disulfidbrücken Nur Disulfidbrücken
Einwirkzeit 4 Minuten 10-15 Minuten
Anwendung Leave-in ohne Ausspülen Ausspülen erforderlich
Preis pro 50ml ca. 70 Euro ca. 30 Euro

Letztendlich ist es kein reines Marketing, aber die Wirkung ist stark von der korrekten Anwendung und dem individuellen Haarzustand abhängig. Eine dauerhafte Reparatur findet nur im Inneren des Haares statt, alles andere ist kosmetische Verbesserung.

Warum eine Maske unter dem Handtuch-Turban durch Wärme besser wirkt

Jeder kennt den klassischen Tipp: Nach dem Auftragen einer Haarmaske ein warmes Handtuch um den Kopf wickeln. Doch dahinter steckt mehr als nur ein Wellness-Ritual – es ist pure Physik. Die äußere Schicht des Haares, die Schuppenschicht (Kutikula), besteht aus kleinen, sich überlappenden Plättchen. Bei gesundem Haar liegen diese flach an und schützen das Innere. Durch Schädigung, aber auch durch den Kontakt mit Wasser, stellen sich diese Schüppchen auf. Wärme verstärkt diesen Effekt und öffnet die Kutikula noch weiter. Dadurch können die pflegenden Inhaltsstoffe einer Maske – wie Proteine, Lipide und Feuchtigkeitsspender – tiefer in den Haarschaft (Kortex) eindringen, anstatt nur an der Oberfläche zu haften.

Ein einfacher Handtuch-Turban erzeugt eine milde Stauwärme, die diesen Prozess unterstützt. Die Methode maximiert die Effizienz jeder Haarkur, da die Wirkstoffe dort ankommen, wo sie zur Reparatur benötigt werden. Ohne Wärme ist die Wirkung oft nur oberflächlich und wird bei der nächsten Haarwäsche wieder ausgespült.

Frau mit Handtuchturban in entspannter Spa-Atmosphäre zur Intensivierung einer Haarmaske

Diese Technik ist besonders bei tiefenwirksamen Behandlungen entscheidend. So gibt es gezielte Anwendungsempfehlungen, die diesen Effekt professionalisieren.

Anwendungsfall: Intensivkur mit Wärmebehandlung

Marken wie Kérastase empfehlen für ihre intensivsten Masken eine Einwirkzeit von bis zu 30 Minuten unter Frischhaltefolie. Diese Methode schließt nicht nur die Körperwärme ein, sondern verhindert auch das Verdunsten von Wasser, was die Penetration der Wirkstoffe zusätzlich verbessert. Anwenderinnen berichten von signifikant geschmeidigerem und gestärktem Haar nach dieser Behandlung im Vergleich zur Anwendung ohne Wärme.

Für eine noch intensivere Wirkung kann das Handtuch vor dem Aufsetzen kurz auf der Heizung oder im Trockner angewärmt werden. Achten Sie jedoch darauf, dass es nicht zu heiß ist, um die Kopfhaut nicht zu reizen.

Der „Dehn-Test“: Wie Sie erkennen, was Ihrem Haar zur Reparatur fehlt

Der größte Fehler bei der Pflege von kaputtem Haar ist das „Gießkannenprinzip“: Man verwendet wahllos Produkte in der Hoffnung, dass irgendetwas hilft. Dabei hat geschädigtes Haar oft ein sehr spezifisches Problem: entweder einen Mangel an Feuchtigkeit, der es spröde und brüchig macht, oder einen Mangel an Protein, der es kraftlos und übermäßig dehnbar werden lässt. Der einfache, aber geniale Dehn-Test (oder Elastizitätstest) gibt Ihnen in Sekunden eine klare Diagnose. Führen Sie ihn an einem nassen Haar durch, da die Haarstruktur hier am aussagekräftigsten ist.

Ein gesundes Haar sollte sich im nassen Zustand um etwa 30 % seiner Länge dehnen lassen und dann wieder in seine ursprüngliche Form zurückspringen. Ein abweichendes Verhalten ist ein klares Indiz für ein Ungleichgewicht. Neben Protein und Feuchtigkeit spielt auch die Wasserhärte eine oft unterschätzte Rolle. Kalkablagerungen können das Haar stumpf und steif machen und die Aufnahme von Pflegeprodukten blockieren. Es ist alarmierend, dass in über 60 % der deutschen Haushalte hartes bis sehr hartes Wasser fließt, was diesen Faktor für viele zu einem zentralen Problem macht.

Ihr Diagnose-Plan: Der Dehn-Test Schritt für Schritt

  1. Haar isolieren: Nehmen Sie nach dem Waschen ein einzelnes, nasses Haar und halten Sie es vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger beider Hände.
  2. Vorsichtig dehnen: Ziehen Sie das Haar langsam und gleichmäßig auseinander und beobachten Sie genau, was passiert.
  3. Ergebnis: Proteinmangel: Das Haar dehnt sich wie ein Gummiband, fühlt sich schwach und „matschig“ an und zieht sich nicht mehr zusammen. Es braucht dringend Proteine (z.B. hydrolysiertes Keratin, Seiden- oder Weizenprotein).
  4. Ergebnis: Feuchtigkeitsmangel: Das Haar dehnt sich kaum und bricht fast sofort bei minimalem Zug. Es fühlt sich rau und strohig an. Es braucht intensive Feuchtigkeit (z.B. Glycerin, Panthenol, Hyaluronsäure, Aloe Vera).
  5. Zusatz-Check: Wasserhärte: Wenn das Haar trotz Pflege steif und stumpf bleibt, prüfen Sie Ihre lokale Wasserhärte. Bei hartem Wasser kann ein tiefenreinigendes oder „Chelating“-Shampoo alle 2-4 Wochen helfen, Mineralablagerungen zu entfernen.

Basierend auf diesem Ergebnis können Sie gezielt nach Produkten suchen, die entweder reich an Proteinen oder an feuchtigkeitsspendenden Wirkstoffen sind, und vermeiden so, ein bestehendes Ungleichgewicht weiter zu verschlimmern.

Warum zu weiche Haare (Hygral Fatigue) genauso brechen wie trockene

Im Kampf gegen trockenes Haar neigen viele dazu, es mit Feuchtigkeitsmasken, Ölen und Conditionern zu überpflegen. Das Ergebnis ist jedoch oft nicht gesundes, sondern übermäßig weiches, kraftloses Haar, das sich fast gummiartig dehnt und trotzdem bricht. Dieses Phänomen nennt sich hygrale Ermüdung (Hygral Fatigue). Es tritt auf, wenn die Haarstruktur durch ständiges Aufquellen (beim Waschen) und Zusammenziehen (beim Trocknen) überlastet wird. Eine übermäßige Zufuhr von Feuchtigkeit ohne ausgleichende Proteine schwächt die inneren Verbindungen des Haares, sodass es seine Elastizität und Stärke verliert.

Besonders anfällig dafür sind poröse Haartypen, die Feuchtigkeit schnell aufnehmen, aber auch schnell wieder verlieren. Wie der „Curly Girl Method Ratgeber“ betont, sind gerade Locken empfindlich: „Locken sind besonders empfindlich gegenüber Build-up. Aufgrund ihrer porösen Struktur benötigen sie von Natur aus intensivere Pflege“, was sie aber auch anfälliger für eine Überpflege mit reinen Feuchtigkeitsprodukten macht. Das Haar wird schlaff, verliert seine Form und bricht letztendlich, weil ihm die innere Stützstruktur – die Proteine – fehlt.

Der Schlüssel liegt in der Balance. Haar besteht hauptsächlich aus Proteinen (Keratin), benötigt aber auch einen gewissen Anteil an Lipiden und Wasser, um flexibel zu bleiben. Gerät dieses Gleichgewicht aus den Fugen, führt sowohl ein „zu viel“ als auch ein „zu wenig“ an Feuchtigkeit zu Haarbruch.

Rettungsprotokoll bei überpflegtem Haar

Bei Anzeichen von hygraler Ermüdung empfehlen Experten wie die von RAUSCH ein klares zweistufiges Protokoll: Zuerst wird eine kräftigende Protein-Kur angewendet, um die geschwächte Haarstruktur zu stärken. In den folgenden Haarwäschen wird dann bewusst auf schwere, feuchtigkeitsintensive Masken verzichtet und stattdessen nur eine leichte, silikonfreie Spülung verwendet. Zudem wird der Waschzyklus auf alle 3-4 Tage reduziert, um das ständige Aufquellen zu minimieren, bis das Haar sein natürliches Gleichgewicht wiederfindet.

Wenn Ihr Haar also trotz intensiver Pflege immer schwächer wird, könnte eine „Pflege-Diät“ und eine gezielte Proteinkur die überraschende, aber richtige Lösung sein.

Welches Öl dringt wirklich in den Schaft ein (Kokos/Argan) und welches versiegelt nur?

Haaröle sind ein Eckpfeiler der Haarpflege, doch ihre Wirkung wird oft missverstanden. Nicht jedes Öl ist gleich, und die Anwendung des falschen Öls zur falschen Zeit kann Probleme eher verschlimmern als lösen. Der entscheidende Unterschied liegt in der Molekülgröße: Es gibt eindringende Öle und versiegelnde Öle. Eindringende Öle haben kleine Moleküle, die in der Lage sind, an der Schuppenschicht vorbei in den Haarschaft (Kortex) zu penetrieren. Dort können sie das Haar von innen nähren und dem Proteinverlust beim Waschen entgegenwirken. Kokosöl ist hier der bekannteste Vertreter.

Versiegelnde Öle hingegen haben größere Moleküle. Sie bleiben an der Haaroberfläche, bilden dort einen schützenden Film, glätten die Kutikula und schließen Feuchtigkeit ein. Sie sind ideal, um Frizz zu bekämpfen und dem Haar Glanz zu verleihen, bieten aber keine nährende Wirkung im Inneren des Haares. Klassische Beispiele sind Jojoba- oder Arganöl. Die Anwendung ist entscheidend: Ein versiegelndes Öl auf trockenem Haar ohne vorherige Feuchtigkeitspflege „versiegelt“ nur die Trockenheit.

Makroaufnahme von goldenen Öltropfen auf Haarsträhnen, die den Unterschied zwischen eindringenden und versiegelnden Ölen symbolisieren

Die Wahl des richtigen Öls und des richtigen Anwendungszeitpunkts ist daher kein Detail, sondern die Grundlage für eine wirksame Öl-Pflege. Eine Analyse der Öltypen macht die Unterschiede deutlich:

Eindringende vs. Versiegelnde Öle: Ein Funktionsvergleich
Öl-Typ Beispiele Molekülgröße Wirkung Anwendung
Eindringend Kokosöl, Babassuöl, Olivenöl Klein Dringt in den Kortex ein, stärkt von innen Als Pre-Poo-Kur auf trockenem Haar vor dem Waschen
Versiegelnd Jojobaöl, Arganöl, Traubenkernöl Groß Bildet Schutzfilm, schließt Feuchtigkeit ein, verleiht Glanz Auf feuchtem oder trockenem Haar nach dem Waschen/Styling

Für eine maximale Wirkung kann man beide Typen kombinieren: Zuerst eine leichte Feuchtigkeitspflege (z.B. ein Leave-in-Spray) auftragen und anschließend wenige Tropfen eines versiegelnden Öls in den Längen und Spitzen verteilen, um die Feuchtigkeit im Haar einzuschließen.

Kollagen, Biotin & Co.: Welche Nahrungsergänzungsmittel helfen wirklich bei Haarbruch?

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel, die volles und starkes Haar versprechen, boomt. Kapseln mit Biotin, Zink, Kollagen oder komplexen Vitaminmischungen werden als die Lösung von innen beworben. Doch die wissenschaftliche Evidenz ist oft dünner als erhofft. Der kritische Blick zeigt: Supplemente wirken vor allem dann, wenn ein nachgewiesener Mangel vorliegt. Biotin (Vitamin B7) ist hierfür das beste Beispiel. Es wird als das „Haar-Vitamin“ schlechthin vermarktet, doch Studien zeigen, dass Biotin-Supplementierung nur bei einem klinisch nachgewiesenen Mangel wirksam ist – und dieser ist in der westlichen Bevölkerung extrem selten. Ein Überschuss an Biotin wird vom Körper einfach wieder ausgeschieden.

Sinnvoller ist es, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, die alle wichtigen Nährstoffe für gesundes Haarwachstum liefert. Dazu gehören vor allem Proteine (die Bausteine des Haares), Eisen (für den Sauerstofftransport zu den Follikeln), Zink (beteiligt an der Keratinbildung) und Omega-3-Fettsäuren (für eine gesunde Kopfhaut). Bevor man also zu teuren Präparaten greift, sollte ein Blutbild beim Arzt Aufschluss über mögliche Mängel geben.

Bei der Wahl von Supplementen, falls ein Mangel besteht, ist zudem die Qualität entscheidend. Produkte aus der Apotheke bieten oft eine höhere Bioverfügbarkeit, also eine bessere Aufnahmefähigkeit der Wirkstoffe durch den Körper, als günstige Alternativen aus dem Drogeriemarkt. Auch bei Kollagenpeptiden gibt es große Unterschiede in der Wirksamkeit, je nach Herstellungsverfahren. Geduld ist ebenfalls gefragt: Da Haare langsam wachsen, sind erste Effekte durch eine Ernährungsumstellung oder Supplementierung frühestens nach drei bis sechs Monaten sichtbar.

Anstatt blind zu supplementieren, kann eine Investition in hochwertige, protein- und nährstoffreiche Lebensmittel wie Lachs, Eier, Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte oft einen größeren und nachhaltigeren Effekt auf die Haargesundheit haben.

Warum 185 Grad die magische Grenze für die Strukturproteine im Haar ist

Glätteisen, Lockenstab und Föhn sind für viele unverzichtbare Styling-Tools, aber auch die Hauptverursacher von Hitzeschäden. Die oft gehörte Empfehlung, „Hitzeschutz zu verwenden“, ist zwar korrekt, aber unvollständig. Entscheidend ist nicht nur das *ob*, sondern auch die *Temperatur*. Die magische Grenze, die man im Kopf behalten sollte, liegt bei 185 Grad Celsius. Ab dieser Temperatur beginnt ein irreversibler Prozess namens Keratin-Denaturierung. Das Keratin, das Hauptprotein, aus dem unsere Haare bestehen, verändert seine Struktur dauerhaft. Das Haar verliert seine natürliche Elastizität, die schützende Schuppenschicht wird aufgesprengt und es wird anfällig für Bruch und Feuchtigkeitsverlust.

Viele handelsübliche Styling-Geräte lassen sich auf Temperaturen bis 230°C einstellen – ein Bereich, der für extrem dickes, schwer zu bändigendes Haar gedacht ist, aber für feines oder bereits geschädigtes Haar absolut desaströs ist. Wie wissenschaftliche Studien belegen, dass Temperaturen über 185°C die Proteinstruktur dauerhaft schädigen, ist dies keine willkürliche Zahl, sondern ein wissenschaftlich belegter Wendepunkt. Ein Hitzeschutzspray kann diesen Schaden zwar abmildern, indem es die Wärme gleichmäßiger verteilt und als Barriere wirkt, aber es kann die Gesetze der Physik nicht außer Kraft setzen. Bei zu hoher Temperatur wird das Haar trotzdem „gekocht“.

Die Investition in ein Styling-Gerät mit präziser und idealerweise fester Temperaturregelung kann daher eine der wirksamsten Maßnahmen gegen Haarbruch sein.

Seit ich mein Glätteisen auf maximal 180°C stelle und immer Hitzeschutz verwende, hat sich mein Haarbruch um geschätzt 70% reduziert. Die ghd-Geräte mit automatischer Temperaturkontrolle bei 185°C waren eine echte Investition in meine Haargesundheit.

– Anwenderin in einem Praxistest

Denken Sie daran: Jedes Grad über 185°C fügt Ihrem Haar einen Schaden zu, der nicht mehr durch Pflegeprodukte rückgängig gemacht werden kann. Vorbeugen ist hier die einzig wirksame Strategie.

Das Wichtigste in Kürze

  • Diagnose vor Behandlung: Nutzen Sie den Dehn-Test, um zu bestimmen, ob Ihr Haar Protein (für Stärke) oder Feuchtigkeit (für Flexibilität) benötigt.
  • Wirkstoffe gezielt einsetzen: Echte Reparatur findet auf molekularer Ebene statt (Disulfidbrücken/Keratinketten). Verstehen Sie den Unterschied zwischen eindringenden (Kokosöl) und versiegelnden (Arganöl) Ölen.
  • Weniger ist oft mehr: Vermeiden Sie „hygrale Ermüdung“ durch Überpflege und respektieren Sie die Hitzegrenze von 185°C, um irreversible Schäden zu verhindern.

Haarpflege-Routine optimieren: Wie viel Pflege braucht Ihr Haar wirklich?

Nachdem wir die Mechanismen von Schädigung und Reparatur verstanden haben, lautet die finale Frage: Wie sieht eine optimale Routine aus? Die Antwort ist für viele überraschend: oft minimalistischer als gedacht. Der Schlüssel liegt nicht in einer 10-Schritte-Routine mit unzähligen Produkten, sondern in einer bedarfsgerechten, zyklischen Anwendung der richtigen Wirkstoffe. Eine ständige Bombardierung mit schweren Masken und Ölen führt unweigerlich zu Build-up, beschwert das Haar und kann, wie wir gesehen haben, sogar zu hygraler Ermüdung führen.

Eine smarte Routine basiert auf den Ergebnissen Ihrer Diagnose (z.B. dem Dehn-Test) und passt sich dem Zustand Ihres Haares an. Anstatt bei jeder Wäsche eine Protein- und eine Feuchtigkeitsmaske zu verwenden, wechseln Sie diese gezielt ab. Verwenden Sie tiefenwirksame Reparaturprodukte wie Olaplex oder K18 nicht als täglichen Conditioner, sondern als kurmäßige Behandlung. Die Hersteller selbst betonen oft den langanhaltenden Effekt ihrer Technologien.

Gerade bei hochwirksamen, aber auch teuren Produkten wie K18 zeigt sich der Vorteil einer reduzierten Anwendung. Viele Anwenderinnen stellen fest, dass nach einer initialen Aufbauphase eine Anwendung alle paar Haarwäschen ausreicht, um den Zustand zu erhalten.

Praxisbeispiel: Die minimalistische K18-Routine

Eine Anwenderin mit stark blondierten Locken berichtet über ihre optimierte Routine: Nach den ersten sechs aufeinanderfolgenden Anwendungen zur initialen Reparatur verwendet sie die K18-Maske nur noch alle 3-4 Haarwäschen. An den Waschtagen dazwischen genügt ihr ein winziger Klecks eines leichten Conditioners nur für die Spitzen. Das Haar hat sich dauerhaft in seiner Struktur verbessert, ohne die Build-up-Probleme, die sie von anderen intensiven Kuren kannte.

Die wahre Kunst liegt darin, eine Routine zu finden, die maximale Ergebnisse mit minimalem Aufwand und Produkteinsatz erzielt. Eine solche optimierte Routine schont nicht nur das Haar, sondern auch den Geldbeutel.

Beobachten Sie Ihr Haar genau. Lernen Sie, seine Signale zu deuten und geben Sie ihm nur das, was es im Moment wirklich braucht. Das ist der nachhaltigste Weg zu dauerhaft gesundem und widerstandsfähigem Haar.

Häufig gestellte Fragen zur Reparatur von kaputtem Haar

Sind Supplements aus der Apotheke besser als aus dem Drogeriemarkt?

Produkte aus der Apotheke unterliegen oft strengeren Qualitätskontrollen und die Beratung vor Ort kann helfen, das richtige Produkt für einen nachgewiesenen Mangel zu finden. Entscheidender als der Kaufort ist jedoch die Bioverfügbarkeit der Inhaltsstoffe – also wie gut der Körper sie aufnehmen kann. Hier sind Apothekenprodukte häufig überlegen.

Welche deutschen Lebensmittel stärken das Haar natürlich?

Eine haarfreundliche Ernährung lässt sich leicht mit regionalen Lebensmitteln umsetzen. Hervorragende Quellen sind: Magerquark (hochwertiges Protein), Haferflocken (reich an Biotin und Zink), Leinsamen (Omega-3-Fettsäuren für die Kopfhaut) und Sauerkraut (B-Vitamine durch Fermentation).

Wie lange dauert es, bis Supplements wirken?

Haare wachsen im Durchschnitt nur etwa 1 bis 1,5 Zentimeter pro Monat. Veränderungen durch Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel wirken sich nur auf das neu wachsende Haar aus. Daher sind erste sichtbare Verbesserungen der Haarqualität am Ansatz frühestens nach drei Monaten zu erwarten. Geduld ist hier unerlässlich.

Geschrieben von Lukas Mair, Friseurmeister und zertifizierter Trichologe (Haarwissenschaftler). Experte für Haargesundheit, chemische Prozesse und Kopfhauttherapien.